Erzbistum Köln
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Geschäftsordnung des Betroffenenbeirates (BB EBK)

Vom 17. März 2023

ABl. EBK 2023, Nr. 64, S. 94
geändert am 14. April 2025 (ABl. EBK 2025, Nr. 77, S. 129)

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Selbstverständnis

( 1 ) Wir sind als Betroffene die Expertinnen und Experten für sexuellen Missbrauch. Wir wollen Ursachen, Folgen, Ausmaß und Dunkelziffer von sexualisierter Gewalt in der Kirche gegen Menschen grundlegend in den Blick nehmen. Wir setzen uns dafür ein, Menschen vor sexualisierter Gewalt zu schützen und dafür, dass dazu geeignete Maßnahmen nachhaltig entwickelt und umgesetzt werden. Unsere Arbeit im Betroffenenbeirat ist ein Beitrag dazu, sexualisierte Gewalt, Machtmissbrauch und Stigmatisierung als massives kirchliches Problem sichtbar zu machen. Wir setzen uns für die Umsetzung der Empfehlungen des „Runden Tisches sexueller Kindesmissbrauch seit Mai 2012“ ein.
( 2 ) Wir sind parteilich für Betroffene sexualisierter Gewalt. Deren Situation und Anliegen wollen wir sichtbar machen. Wir setzen uns für Betroffenenbeteiligung bei der Aufarbeitung von Fällen sexualisierter Gewalt innerhalb der katholischen Kirche ein. Wir engagieren uns dafür, dass entstandenes Leid bekannt und anerkannt, aufgearbeitet und entschädigt wird. Wir setzen uns dafür ein, dass kirchliche Hilfesysteme eine Struktur erhalten, die für Betroffene eine wirksame Hilfe sind. Wir möchten kirchliches, familiäres und gesellschaftliches Schweigen über sexualisierte Gewalt und Machtmissbrauch aufbrechen. Wir begleiten das Vorhaben des Erzbistums Köln, die Umstände und Folgen der sexualisierten Gewalt im Umfeld katholischen Lebens aufzuklären, aufzubrechen und ihnen effektive Maßnahmen entgegenzusetzen. Wir positionieren uns zu diesen Vorhaben und unterbreiten eigene Vorschläge, um Sichtweisen von Betroffenen deutlich zu machen und Betroffene einzubinden und dies in Wechselwirkung mit dem Erzbistum. Wir pflegen einen kontinuierlichen wechselseitigen Austausch mit dem Erzbischof und seinen Vertretern bzw. zuständigen Gremien im Erzbistum Köln.
( 3 ) Wir vertreten nicht in erster Linie uns selbst, sondern stehen für Betroffene von sexualisierter Gewalt und Machtmissbrauch ein. Wir sind offen für die Anliegen Betroffener und die Kommunikation mit anderen Betroffenengruppen.
( 4 ) Wir sehen uns den Menschenrechten (UN Kinderrechtskonvention, der UN Behindertenrechtskonvention und anderen Grundlagen) verpflichtet und grenzen uns von menschenfeindlichen Einstellungen deutlich ab.
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Präambel

Auf Grundlage der Rahmenordnung zum Ausschreibungs- und Besetzungsverfahren sowie zur Aufwandsentschädigung für die strukturelle Beteiligung von Betroffenen gemäß Ziffern 5.2. und 5.3 der „Gemeinsamen Erklärung über verbindliche Kriterien und Standards für eine unabhängige Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche in Deutschland“ der Deutschen Bischofskonferenz vom 23. Oktober 2020 wird für den Betroffenenbeirat Erzbistum Köln folgende Geschäftsordnung erlassen.
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§ 1
Mitgliedschaft

( 1 ) Die Amtszeit des Betroffenenbeirats beträgt zwei Jahre und beginnt mit der konstituierenden Sitzung.
( 2 ) Eine erneute Berufung durch den Erzbischof ist möglich.
( 3 ) Der Betroffenenbeirat hat entsprechend der DBK-Rahmenordnung mindestens 5 Mitglieder und wählt mit einfacher Mehrheit aus den Mitgliedern eine Ansprechperson und eine Stellvertretung.
( 4 ) Die Mitgliedschaft endet automatisch mit Ablauf der Amtszeit. Sie verlängert sich um maximal zwei Monate, wenn zum Ende einer Amtszeit noch kein neuer Betroffenenbeirat gebildet ist. Dies gilt auch für Mitglieder, die nach § 1 Absatz 6 während der laufenden Amtsperiode berufen werden. Für die Fristberechnung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs.
( 5 ) Die Mitgliedschaft kann auch durch schriftliche Mitteilung des Mitglieds an die Geschäftsstelle beendet werden.
( 6 ) Der Betroffenenbeirat kann die Abberufung eines Mitglieds beim Beraterstab beantragen. Der Antrag ist zu begründen. Der Beraterstab prüft den Antrag und hört das abzuberufende Mitglied an. Befürwortet der Beraterstab die Abberufung, erfolgt diese durch den Erzbischof. Befürwortet der Beraterstab die Abberufung nicht, wird gemeinsam mit dem Betroffenenbeirat eine Lösung gesucht, mit welcher der Betroffenenbeirat einverstanden ist. Abweichend von § 6 Abs. 1 kann der Beschluss über die Abberufung sowie über die Lösung nur gefasst werden, wenn mehr als die Hälfte der Mitglieder anwesend sind.
( 7 ) Bei Beendigung der Mitgliedschaft sind alle Dateien und Unterlagen, die in Zusammenhang mit der Mitarbeit im Betroffenenbeirat stehen, innerhalb von 28 Tagen an die Geschäftsstelle zurückzugeben und zu löschen. Die Rückgabe wird von der Geschäftsstelle bestätigt, die Löschung durch das ausgeschiedene Mitglied.
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§ 2
Ausschreibungsverfahren

( 1 ) Das Erzbistum schreibt die Mitgliedschaft im Betroffenenbeirat öffentlich aus, insbesondere über die Website des Erzbistums, geeignete Medien, kirchliche Portale und Betroffenenhilfestrukturen. Dabei informiert es über dessen Aufgaben, Anforderungen und Kriterien für die Mitgliedschaft. Die Bewerberinnen und Bewerber werden aufgefordert, mit ihrer Bewerbung zu ihrer Motivation für die Mitarbeit im Betroffenenbeirat Stellung zu nehmen.
( 2 ) Die Bewerbungsfrist soll mindestens sechs Wochen betragen.
( 3 ) Das Ausschreibungsverfahren soll spätestens neun Monate vor Ende der Amtszeit des Betroffenenbeirats beginnen.
( 4 ) Die Auswahl der Kandidaten erfolgt durch den Beraterstab zu Fragen des sexuellen Missbrauchs. Der Beraterstab sichtet die Bewerbungen und lädt geeignete Bewerber zu einem Auswahlgespräch ein.
( 5 ) Der Beraterstab zu Fragen des sexuellen Missbrauchs schlägt dem Erzbischof Mitglieder vor. Der Erzbischof ernennt die Mitglieder.
( 6 ) Der Erzbischof kann während der laufenden Amtszeit weitere Mitglieder berufen. Die Berufung erfolgt nach Beratung im Beraterstab zu Fragen des sexuellen Missbrauchs auf dessen Vorschlag.
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§ 3
Arbeitsweise

( 1 ) Der Betroffenenbeirat bedient sich einer Geschäftsstelle zur organisatorischen Unterstützung. Geschäftsstelle ist die Stabsstelle Intervention & Aufarbeitung.
( 2 ) Die Ansprechperson bzw. die Stellvertretung hat die folgende Funktion/Rolle:
  1. Sie ist die direkte Ansprechperson zwischen dem Gremium und der Geschäftsstelle.
  2. Sie gibt Informationen/Anfragen etc. aus dem Gremium an die Geschäftsstelle weiter.
  3. Sie gibt Informationen/Anfragen aus der Geschäftsstelle an das Gremium weiter.
  4. Sie stimmt die Tagesordnung i.d.R. 14 Tage vor der Sitzung mit den Mitgliedern ab und ergänzt die Themen, die durch die Geschäftsstelle benannt werden.
  5. Sie kontrolliert das Protokoll in Absprache mit dem Gremium und gibt es frei.
( 3 ) Die Geschäftsstelle hat die folgende Funktion/Rolle:
  1. Sie ist die Verbindungsstelle zwischen dem Erzbistum Köln und dem Betroffenenbeirat.
  2. Sie gibt Informationen/Anfragen an die Ansprechperson weiter.
  3. Sie übernimmt die Organisation der Sitzungen.
  4. Sie verschickt die Tagesordnung unter Angabe von Ort und Zeit nach Freigabe durch die Ansprechperson, i.d.R. 7 Tage vor dem Termin an die Mitglieder in Textform.
  5. Sie führt i.d.R. das Ergebnisprotokoll der Sitzungen.
  6. Sie übernimmt die Abrechnung der Aufwandsentschädigungen.
  7. Sie sorgt für die Erstattung der Reisekosten sofern diese spätestens 28 Tage nach Sitzungsdatum geltend gemacht worden sind.
( 4 ) Zu einzelnen Themen können Arbeitsgruppen gebildet werden.
( 5 ) Im Auftrag des Betroffenenbeirats können einzelne Mitglieder zu (Fach-)Tagungen und Kongressen entsendet werden. Die Mitglieder schlagen die Teilnahme an Tagungen und Kongressen zur Abstimmung vor und sie besuchen diese in der Funktion als Vertretung des Betroffenenbeirates. Die finanziellen Rahmenbedingungen sind im Vorfeld und vor einer verbindlichen Zusage mit dem Erzbistum abzustimmen.
( 6 ) Der Betroffenenbeirat nimmt jährliche eine Supervision in Anspruch, bei Bedarf eine zweite. Die Organisation übernimmt die Geschäftsstelle.
( 7 ) Vorrangiges Medium zur internen Kommunikation der Mitglieder ist der Austausch per Mail.
( 8 ) Die Mitglieder informieren sich gegenseitig ab einer Nichterreichbarkeit von 14 Tagen.
( 9 ) Der Betroffenenbeirat ist über die E-Mail-Adresse betroffenenbeirat@erzbistum-koeln.de sowie über die postalische Adresse der Geschäftsstelle (Erzbistum Köln, Stabsstelle Intervention & Aufarbeitung, Marzellenstraße 32, 50668 Köln) zu erreichen.
( 10 ) Zum Ende der Amtsperiode wird ein Tätigkeitsbericht veröffentlicht.
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§ 4
Sitzungen

( 1 ) Alle Mitglieder werden, mit Beginn ihrer Tätigkeit, auf die Einhaltung des Gesetzes über den Kirchlichen Datenschutz (KDG) sowie die Durchführungsverordnung zum KDG (KDG-DVO) verpflichtet.
( 2 ) Sitzungen des Betroffenenbeirats finden nach Absprache mit dem Gremium i.d.R. einmal im Monat immer unter Begleitung einer Moderation statt und sind nicht öffentlich. Die Moderation wird vom Erzbistum Köln gestellt.
( 3 ) Das Anfertigen von Bild- und Tonaufnahmen während der Sitzung ist nicht zulässig. Sitzungsbeiträge sowie das Verhalten der Mitglieder dürfen nur mit ihrer Zustimmung kommuniziert werden.
( 4 ) Die Sitzungstermine werden spätestens auf der vorletzten Sitzung des Vorjahres für das nächste Jahr festgelegt.
( 5 ) Sitzungsort ist i.d.R. Köln. Eine hybride oder digitale Sitzung ist möglich.
( 6 ) Ständiger Gast ist ein Vertreter / eine Vertreterin der Geschäftsstelle. Die Mitglieder können den ständigen Gast von einzelnen Themen ausschließen.
( 7 ) Weitere Gäste können themenbezogen eingeladen werden. Die Organisation erfolgt über die Geschäftsstelle. Gäste verpflichten sich zur Verschwiegenheit über das Thema, Sitzungsbeiträge und das Verhalten der Mitglieder. Vor Sitzungsbeginn ist eine Verschwiegenheitserklärung zu unterzeichnen.
( 8 ) Die Mitarbeit im Betroffenenbeirat ist eine ehrenamtliche Tätigkeit. Die berufenen Mitglieder erhalten hierfür eine monatliche Aufwandsentschädigung i. H. v. 250,00 € für jeden vollen Monat der Mitgliedschaft zuzüglich der entstandenen Reisekosten. Die Ansprechperson erhält zusätzlich monatlich 200,00 € und die Stellvertretung zusätzlich monatlich 100,00 € als Aufwandsentschädigung. Wählt der Betroffenenbeirat zwei Ansprechpersonen, erhält jede eine zusätzliche monatliche Aufwandsentschädigung von 150,00 €. Beginnt oder endet die Mitgliedschaft während eines laufenden Monats, wird eine anteilige Aufwandsentschädigung bezahlt. Es gelten die Reisekostenbestimmungen des Erzbischöflichen Generalvikariates in der jeweils geltenden Fassung. Kosten für Reisen, die nicht zu einer Sitzung des Betroffenenbeirats unternommen werden, werden erstattet, wenn sie vorher beantragt und von der Geschäftsstelle genehmigt werden.
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§ 5
Beschlussfähigkeit und Beschlüsse

( 1 ) Der Betroffenenbeirat ist beschlussfähig, wenn zur Sitzung ordnungsgemäß eingeladen wurde und mindestens 50% der berufenen Mitglieder anwesend sind. Für ein Abberufungsverfahren nach § 1 Absatz 6 muss mehr als die Hälfte der Mitglieder anwesend sein
( 2 ) Stimmberechtigt sind nur die berufenen Mitglieder des Betroffenenbeirats.
( 3 ) Beschlüsse werden offen durch Handzeichen gefasst; auf Antrag eines Mitglieds wird geheim abgestimmt. Beschlüsse können ebenfalls im Format einer Videokonferenz oder als Umlaufbeschluss in Textform gefasst werden, mit Ausnahme des Abberufungsverfahrens. Beschlüsse im Umlaufverfahren müssen vor Beschluss bei der Ansprechperson eingereicht werden.
( 4 ) Beschlüsse gelten als gefasst, wenn die Mehrheit der anwesenden Mitglieder zustimmt, soweit nichts Anderes ausdrücklich bestimmt ist. Umlaufbeschlüsse gelten als gefasst, wenn die Mehrheit der Mitglieder im Umlaufverfahren dem Beschluss zustimmt. Stimmengleichheit bedeutet Ablehnung. Enthaltungen gelten als nicht abgegebene Stimmen.
( 5 ) Beschlussvorlagen, die die Änderung der Geschäftsordnung betreffen, bedürfen zu ihrer Annahme einer 2/3-Mehrheit der berufenen Mitglieder.
( 6 ) Alle für die Öffentlichkeit bestimmten Äußerungen des Betroffenenbeirats werden mit ihrem Inhalt beschlossen. Alle für die Öffentlichkeit und in Abwesenheit des Erzbischofs oder Generalvikars gefassten Beschlüsse sind dem Erzbischof oder dem Generalvikar vor der Veröffentlichung zur Kenntnis vorzulegen.
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§ 6
Inkrafttreten

( 1 ) Diese Geschäftsordnung tritt mit ihrer Annahme durch den Betroffenenbeirat und mit der Zustimmung durch den Erzbischof zum 1. April 2023 in Kraft. Gleichzeitig tritt die Geschäftsordnung vom 15. März 2021 (Amtsblatt des Erzbistums Köln 2021, Nr. 79, S. 104 ff.) außer Kraft.
( 2 ) Im Übrigen bleibt die Rahmenordnung zum Ausschreibungs- und Besetzungsverfahren sowie zur Aufwandsentschädigung für die strukturelle Beteiligung von Betroffenen gemäß Ziffern 5.2. und 5.3 der „Gemeinsamen Erklärung über verbindliche Kriterien und Standards für eine unabhängige Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche in Deutschland“ der Deutschen Bischofskonferenz vom 23. Oktober 2020 unberührt.